Viele Wege zur CO2-neutralen Mobilität

Die Mobilität der Zukunft muss CO2-neutral sein. Darüber sind sich die Experten einig. Aber welche Bedeutung werden einzelne Antriebsvarianten und Mobilitätslösungen haben? Was muss bei den Fahrzeugen, den Kraftstoffen und bei der Infrastruktur getan werden, um die Emissionsziele zu erreichen? Mit der IAV-Mobilitätsynthese lassen sich Szenarien ableiten und Planungen auf eine objektive Basis stellen.

Neben den rein technischen Randbedingungen muss die Mobilität der Zukunft auch die Wünsche der Kunden berücksichtigen. „Sie spielen eine zentrale Rolle, und die Fahrzeuge müssen ihren Bedürfnissen entsprechen“, sagt Ralf Tröger von Consulting4Drive, der Management- und Innovationsberatung von IAV. „Darum bezieht die IAV-Mobilitätssynthese neben technischen Randbedingungen immer auch die Kundenpräferenzen mit ein – etwa die Zahl der zumutbaren Tankstopps oder die typischerweise zurückgelegten Strecken.“

 

Die IAV-Mobilitätssynthese berücksichtigt die Fragen aller Gruppen und ermöglicht es, verschiedene Szenarien schnell und objektiv miteinander zu vergleichen.

 

Dabei gibt es zwischen den betroffenen Sektoren – neben der Mobilität vor allem die Energiebranche – viele Wechselwirkungen und Abhängigkeiten. Ein Flottenbetreiber könnte vor der Frage stehen, ob er für seine Fahrzeuge Tankstellen für erneuerbare Kraftstoffe oder Strom installieren soll und wo in Zukunft Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor überhaupt noch fahren dürfen. Ein Infrastrukturbetreiber muss entscheiden, wo er Ladestationen oder Tankstellen aufbaut – dicht genug für die Kunden, aber nicht mit überhöhten Investitionskosten verbunden. Einen Hersteller von E-Fuels interessiert es sehr, welche Mengen seiner Produkte er absetzen kann. Und die Politik steht vor der Frage, mit welchen Maßnahmen sie die größte Wirkung in puncto Emissionsreduzierung erzielt.

Die IAV-Mobilitätssynthese berücksichtigt die Fragen aller Gruppen und ermöglicht es, verschiedene Szenarien schnell und objektiv miteinander zu vergleichen. Die Idee dahinter: Geht man von bestimmten Annahmen über die gefahrenen Strecken, die Fahrweise, die genutzten Antriebe und die verwendeten Kraftstoffe aus, lassen sich daraus Kennzahlen wie Emissionsverbrauch und die CO2-Emissionen berechnen.

Kundenspezifische Akzeptanzkennzahl

Das Verhältnis von E-Fuels und Strom ergibt sich aus der Kundenakzeptanz: Kurze urbane Strecken lassen sind leichter elektrisch zurücklegen. Höhere Kilometerleistungen werden künftig hingegen vorzugsweise mit Brennstoffzellen oder PtX-Kraftstoffen bewältigt.

„Um ein konkretes Zukunftsszenario betrachten zu können, müssen all diese Einflüsse mit ihren Trends und Rückwirkungen eingerechnet werden“, sagt Dr. Bernd Becker, der das Team Fuels und Future Mobility bei IAV leitet. „Zentrales Element ist dabei immer der Kunde, der sein Mobilitätskonzept innerhalb der verfügbaren Antriebe und Kraftstoffe bzw. Energieträger auswählt. Für seine Fahrstrecken entscheidet er, womit er vorzugsweise mobil ist.“ Daraus ergeben sich Tankzeiten, Umwege und Mobilitätskosten für die zurückgelegten Strecken sowie die Auswirkungen auf die Umwelt. Die jeweilige Mobilitätswahl wird in einer kundenspezifischen Akzeptanzkennzahl zusammengefasst. Sie gibt Auskunft darüber, wie stark neue Technologien und Kraftstoffe den Markt durchdringen können.

Das wiederum hat Folgen für die CO2-Reduzierung, denn erneuerbar produzierte Energieträger ermöglichen eine signifikante Emissionsreduktion. Neben der batterieelektrischen Mobilität gehören dazu auch regenerativ hergestellter Wasserstoff sowie Bio- und PtXKraftstoffe (Power-to-X). Der Energiebedarf für ein bestimmtes Szenario errechnet sich aus der Nutzungsart, den kundenspezifischen Fahrstrecken, den vorhergesagten Verbräuchen und dem Energiegehalt der jeweiligen Energieträger. „Dabei berücksichtigen wir die Wirkungsgradketten der Erzeugung“, so Tröger. „Aus dem Strom zum Laden, dem Wasserstoff und der PtX-Herstellung resultiert der Bedarf an erneuerbarer Energie für die Mobilität.“

Das Verhältnis von E-Fuels und Strom ergibt sich aus der Kundenakzeptanz: Kurze urbane Strecken lassen sind leichter elektrisch zurücklegen. Höhere Kilometerleistungen werden künftig hingegen vorzugsweise mit Brennstoffzellen oder PtX-Kraftstoffen bewältigt. Die genaue Aufteilung hängt natürlich von den zukünftigen Randbedingungen ab, woraus sich eine Unschärfe bei der Zusammensetzung der Anteile von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor, E-Antrieb und Brennstoffzelle ergibt.

Künftige Bedeutung des Verbrennungsmotors

Mit der IAV-Mobilitätssynthese besteht aber die Möglichkeit, verschiedene Szenarien sowie deren Auswirkungen auf alle betroffenen Interessengruppen miteinander zu vergleichen.

Davon hängen aber die nötigen Investitionen in neue Infrastruktur ab. Bei einem höheren PtX-Anteil benötigt man weniger Batteriekapazitäten, was die Emissionen während ihrer Produktion verringern würde (LCA-Betrachtung). „Für den Klimaschutz wäre diese Alternative sehr attraktiv, denn mit E-Fuels kann man bis auf wenige Prozente CO2-Neutralität erreichen“, so Becker. „PtX-Kraftstoffe haben zudem das Potenzial, die Fahrzeugflotte schneller zu durchdringen.“ In einem solchen Szenario hätte der Verbrennungsmotor auch künftig noch eine große Bedeutung für die Mobilität. Der Primärenergiebedarf für diesen Pfad ist allerdings deutlich höher, wobei perspektivisch PtX-Kraftstoffe auch sehr gut mittels Importen zur Verfügung gestellt werden können.

Welche der zahlreichen Möglichkeiten für einen künftigen Antriebs- und Mobilitätsmix sich in Zukunft durchsetzen wird, kann heute nicht sicher vorhergesagt werden. Mit der IAV-Mobilitätssynthese besteht aber die Möglichkeit, verschiedene Szenarien sowie deren Auswirkungen auf alle betroffenen Interessengruppen miteinander zu vergleichen. Das schafft die Grundlage für Entscheidungen bei OEMs und Energieversorgern sowie in der Politik.

 

Bernd Becker, Fuels und Future Mobility IAV
bernd.becker@iav.de

Ralf Tröger, Manager C4D
r.troeger@consulting4drive.com